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Einleitung
Beim „Deutschen Ptolemaeus“ handelt es sich um eine kleine frühneuhochdeutsche
Kosmographie aus dem Ende des 15. Jahrhunderts. Obwohl der Autor sie als deutsche
Übersetzung der „Geographia“ des Ptolemaeus bezeichnet, darf sie als eigenständiges
Werk gelten, auch wenn sie sich erkennbar an Ptolemaeus orientiert. Besonderen Wert
erhält sie durch die beigefügte, auf der Ulmer Ptolemaeus-Ausgabe basierenden Weltkarte.
Eine der mindestens zwei Ausgaben befindet sich in der Public Library in New York
und eine in der Bayerischen Staatsbibliothek in München. Ein dritter Druck, der in
Berlin gewesen sein soll, gilt seit dem 2. Weltkrieg als verschollen.
Der Stand der Forschung zum „Deutschen Ptolemaeus“ ist als eher niedrig anzusetzen.
Die Arbeiten von Michael Herkenhoff und Barbara Ries sind jüngeren Datums
(Herkenhoff 1996; Ries 2006). Daneben erschienen bereits 1910 die von Joseph
Fischer herausgegebene Faksimileausgabe und bis in die 1960er Jahre hinein
einige weitere grundlegende Veröffentlichungen, die sich mit unterschiedlichen
Fragen zum „Deutschen Ptolemaeus“ beschäftigen (Fischer 1910; Rosenthal 1944; Matthey 1961).
Die Frage der Autorenschaft ist nach wie vor ungeklärt. Das Buch selbst gibt keinerlei
Auskunft über seinen Verfasser oder Entstehungsort. In der Forschung ist man sich seit
Fischer aber einig, dass die Hervorhebung der Städte Krakau, Neisse und Nürnberg auf
eine besondere Beziehung des Autors zu diesen Orten schließen lässt. So vermutet man
Neisse als Geburts- und Krakau als möglichen Studienort des Verfassers.
Unsicher ist auch, in welchem Jahr der „Deutsche Ptolemaeus“ erschien. Da der Verfasser
sowohl die 1486 erstmals gedruckte „Peregrinatio in terram sanctam“ des Bernhard von
Breyenbach als auch die im selben Jahr von Johannes Reger besorgte Ulmer Ptolemaeus
Ausgabe verwendete, geht man in der Forschung davon aus, dass das Werk frühestens 1486
geschrieben sein kann. Eine Abschrift des „Deutschen Ptolemaeus“ aus dem Nachlass Johann
Schöners von 1509 markiert das späteste mögliche Erscheinungsjahr (Herkenhoff 1996 : 135;
Matthey 1961: 79).
Zweifelsfrei wurde der „Deutsche Ptolemaeus“ mit einer Type des Nürnberger Frühdruckers
Georg Stuchs gedruckt. Allerdings ergaben paläotypische Untersuchungen, dass es sich dabei
nicht um die Type 14 handelte – wie Joseph Fischer noch annahm (Fischer : 23) – sondern
dass die kleine Kosmographie sehr viel wahrscheinlicher mit der Type 13 frühestens Mitte
der 90er Jahre gedruckt wurde (Matthey 1961: 83). Für Stuchs spricht auch die Tatsache,
dass dieser Ende des 15. Jahrhunderts vor allem liturgische Bücher für
ostdeutsche Diözesen herausgab und zeitweise auch für das Erzbistum Krakau tätig war.
Andererseits wurde in der Forschung darauf hingewiesen, dass der schlechte und
ungleichmäßige Satz und die Verwendung eines spärlichen und dazu abgenutzten
Typenvorrats nicht den sonstigen qualitativ hochwertigen Arbeiten Stuchs entspricht
(Matthey 1961: 80; Herkenhoff 1996 : 136). Matthey hält es daher für möglich, dass ein
Anfänger im Buchgewerbe den „Deutschen Ptolemaeus“ mit zuvor bei Stuchs erworbenen
Typen druckte (Matthey 1961 : 80).
Inhaltlich ist der „Deutsche Ptolemaeus“, wie die meisten Kosmographien der Zeit, zweigeteilt.
Einem lateinischen Widmungsgedicht, das, so Herkenhoff, den wissenschaftlichen Charakter
des Werkes betonen soll (Herkenhoff 1996: 139), folgen ein theoretisch-mathematischer erster
Teil und eine Erdbeschreibung. Gerade in letzterer orientiert sich der Verfasser an der
ptolemaeischen „Geographia“. Er beschreibt in diesem zweiten Teil alle damals bekannten
Kontinente. Besonders charakteristisch für den „Deutschen Ptolemaeus“ ist das dezidierte
Interesse an Sprachen und Alphabeten, denn der Beschreibung jedes Kontinents folgt eine
Auflistung der dort gesprochenen Sprachen und Schriften. Hier ähnelt die Kosmographie
zeitgenössischen Reiseberichten, „die gleichfalls ein deutliches Interesse für die Sprachen
fremder Völker und Kulturen erkennen lassen“ (Herkenhoff 1996 : 140).
Wie schon erwähnt, stellt die beigefügte Weltkarte eine Besonderheit dar. Sie ist nicht
zusammen mit einer der beiden bekannten Ausgaben überliefert, sondern wurde erst Anfang
des 20. Jahrhunderts von Joseph Fischer in der Vadiana Bibliothek in St. Gallen
wiederentdeckt, und zwar in einer Ulmer Ptolemaeus-Ausgabe. Sie befindet sich heute in
der Public Library in New York. Dass sich weder in der gebundenen Kosmographie in
New York noch in München eine Karte erhalten hat, erklärt Fischer damit, dass die Werke
vermutlich nicht gebunden, sondern nur geheftet waren, bzw. die Karten nur lose beilagen,
um eine bequemere Nutzung zu ermöglichen (Fischer 1910 : 12).
Fischer, Joseph
Der "Deutsche Ptolemäus" aus dem Ende des XV. Jahrhunderts
(um 1490) in Faksimiledruck herausgegeben mit einer Einleitung
J. H. Ed. Heitz
1910
Strassburg
Herkenhoff, Michael
Die Darstellung außereuropäischer Welten in Drucken deutscher
Offizinen des 15. Jahrhunderts
Akademie Verlag
1996
Berlin
2.2
Matthey, Walther
Wurde der 'Deutsche Ptolemäus' vor 1492 gedruckt?
Gutenberg Jahrbuch
1961
36
77-87
Rosenthal, Erwin
The German Ptolemy and its World Map
Bulletin of the New York Public Library
1944
48
2
135-147
Ries, Barbara
Der 'Deutsche Ptolemäus'. Vorstudien zu einer digitalen Edition
2006
Erlangen
1
Inhaltsübersicht (GG)
Die Wendekreise (der Sonne)
Der Tierkreis / Eigenschaften der Zeichen und zugeordnete Länder
Parallelkreise
Klimazonen
Meridiane / Zwölf Winde
Die Meere
Teile Europas
Teile Afrikas
Teile Asiens
Ein einleitung diß buchleins yn die kunst Cosmographia.
Uon der gemeinen figur ptolomei gegen dises büchleins Figur.
Uon inhalt dises buchleins figur.
Uon den drey Zirkeln. der Sunnen
Hie nach geschriben sagt es von dem zodiaco.
Jtem welche land zu geeygent werden yn sunderheit disen 12 zeichenn.
Uon den linien paralellenn
Uon den climaten.
Das erst clima dyameroes
das ander clima diasienes
Das dritte clima dyalexandrios
Das vierde Clima dyarodus.
Das funffte clima dyaromes
Das sechste clima dyaboristenes
Das sibend clima dyaripheos.
von den meridians zirkeln
Hienach sagt es von den zwelff windenn.
Uon teilung der irdischen werlt
Uon den meheren
Uon den teylen Europe
Hybernia yrland. Albion Engelland 1
Hyspania 2
Gallia Franckreich 3
Germania nyderste teutschland. 4
Gotland. norwegen. schweden.
Pannonia Hungern vnd Ostereich 5
Jtalia welschland 6
Sicilia Sardinia ynsulln 7
Jtem sarmacam europe reyssen liten 8
Dacia walachei. 9
Macedonia criechenlant 10
Zumercken was buchstaben oder littera europa in iebung der sproch hatt
Uon den teilenn Affrice oder Libie 1
Affrica minor. Ist klein affrica 2
Marmarica libia egipten. 3
Ethiopia morland vnder egipten gelegen 4
was buchstaben der sprach. affrica yn ubung hatt.
Uon den teilen asie
Azia minor klein asia. 1
Sarmatia Aziatica Mosquiten 2
Armenia maior groß armenien 3
Siria mesopotanea babilonia. 4
Media persidis hircania parthia. 5
Scitia intra ymaum montem. Scitia zwischen dem berg Ymaus
Scitia axtra ymaum montem 8
Aria paropanisis drangiana arachosia 9
Yndia zwischen dem flis ganges.
Jndia extra gangem awssen dem flis gange 11
Alle Druckfehler wurden in der Quelle durch die korrekte Form ersetzt.
Die fehlerhafte Form ist codiert mit
<choice> <orig>fehler</orig> <reg>korr</reg>
<choice>. Generell ist es schwierig, in diesem frühneuhochdeutschen
Druck eindeutig Druckfehler zu identifizieren. Ein sehr häufiger Fall, der
*nicht* annotiert wurde, ist die Verwendung von iv statt w durch
den Drucker (in Ermangelung von w Lettern).
Alle Abkürzungen und Silbentrennungen wurden ebenfalls durch ein
tei:choice-Konstrukt ersetzt. Bei Abkürzungen wird <am> für
die Abkürzung und <ex> für die ausgeschriebene Form benutzt.
Bei Silbentrennungen wurde im <orig>-Teil die Schreibweise im
Original festgehalten, während im <reg>-Teil das zusammengeschriebene
Wort notiert wurde.
Für die Seitenabbildungen wird ein Digitalisat
des Internet Archivs (gefördert von der Universität Toronto) aus dem Jahre 2011 verwendet.
Es handelt sich um ein nicht ganz fehlerfreies Faksimile von Josef Fischer:
Fischer, J.: Der "Deutsche Ptolemäus" aus dem Ende des XV. Jahrhunderts (um 1490) in Faksimiledruck herausgegeben mit einer Einleitung, Bd. XIII von Drucke und Holzschnitte des XV. und XVI. Jahrhunderts in getreuer Nachbildung, Strassburg: J. H. Ed. Heitz (Heitz & Mündel), 1910.
Ein besseres Faksimile ist in einer Darstellung der BSB bzw. in einer Darstellung mit dem DFG-Viewer erhältlich.
Fischer, J.: Der "Deutsche Ptolemäus" aus dem Ende des XV. Jahrhunderts (um 1490) in Faksimiledruck herausgegeben mit einer Einleitung, Bd. XIII von Drucke und Holzschnitte des XV. und XVI. Jahrhunderts in getreuer Nachbildung, Strassburg: J. H. Ed. Heitz (Heitz & Mündel), 1910.
Ein besseres Faksimile ist in einer Darstellung der BSB bzw. in einer Darstellung mit dem DFG-Viewer erhältlich.