Moritz Schlick an Albert Einstein

Rostock, d. 4. Febr. 1917

Orléansstrasse 23

Sehr verehrter Herr Professor,

Bei Gelegenheit meines letzten Besuches bei Ihnen waren Sie so freundlichen, sich zu einer Durchsicht eines Aufsatzes über die Relativität (1) bereit zu erklären, den ich für die „Naturwissenschaften“ zu liefern versprochen hatte. Arbeitsüberlastung und andere Störungen haben mich bis jetzt an der Fertigstellung des Aufsatzes gehindert, nun bin ich aber endlich doch dazu gekommen und erlaube mir nun, Ihnen das Manuscript zu senden mit der herzlichen Bitte, es einer Prüfung zu unterziehen, wenn Ihre Zeit es gestattet. Ich wäre Ihnen überaus dankbar, wenn Sie mich auf die Mängel der Arbeit aufmerksam machen wollten und bitte Sie, freundlichst auf etwaige Fehler, Ungenauigkeiten und sonstiges hinzuweisen (etwa durch Bemerkungen auf der Rückseite der Blätter). Das Thema wurde in der Form von der Redaktion gestellt, wie die Überschrift es angibt, und so ist der Aufsatz weniger eine Darstellung der allgemeinen Relativitätstheorie selbst als eine eingehende Erläuterung des Satzes, dass Raum und Zeit nun in der Physik alle Gegenständlichkeit eingebüsst haben. Mein Hauptziel war, die Darstellung so leicht verständlich zu machen wie irgend möglich; ob das in dem erstrebten Maße gelungen ist, scheint mir freilich fraglich. Es ist wirklich so sehr zu wünschen, dass die Gedanken des allgemeinen Rel.-Prinzips recht bald überall bekannt und verstanden würden, nicht blos aus physikalischen, sondern auch besonders aus philosophischen Gründenund ich würde mich glücklich schätzen, wenn der Aufsatz dazu fühlbar beitragen könnte. Weil es sich wirklich um die Förderung der Sache handelt, zögere ich deshalb auch nicht, von Ihrer damals erteilten Erlaubnis Gebrauch zu machen und Ihnen die Arbeit vor der Publikation zur Begutachtung vorzulegen. So sehe ich denn Ihrem Urteil entgegen und bleibe mit den besten Wünschen für Ihr Wohlergehen und grösster Hochachtung Ihr sehr ergebener

M. Schlick

P.S. Sollte es wider Erwarten gar keiner nennenswerten Änderungen an dem Manuscript bedürfen, so darf ich Sie vielleicht bitten, es in diesem Falle direkt an die Redaktion der „Naturwissenschaften“, Linkstrasse 23/24, gütigst weiter zu senden?