Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 17-21, 1897
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117109 treffen. Wollen wir uns ein Bild der Flora jener Zeit machen,
ſo brauchen wir daher nur die Pflanzenwelt z.
B. der
Hoch-Alpen und des hohen Nordens anzuſehen.
Die bei
weitem meiſten Arten dieſer Erdſtrecken zeichnen ſich durch auf-
fallend niedrigen Wuchs aus.
Die boreal-alpinen Arten müſſen
in kurzer Zeit zur Fruchtreife gelangen, wenn ſie überhaupt Nach-
kommen erzeugen ſollen, da während der längſten Zeit im Jahre
die Kälte und die Bedeckung des Erdbodens mit Schnee und
Eis, welche höhere Pflanzen niederbrechen würde, das Pflanzen-
wachstum hemmen.
Sie erzeugen daher nur eine kurze Sproß-
Unterlage und ſchreiten dann ſofort zur Bildung der Blüten.
Abweichend von der gegebenen Darſtellung lag es vor
kurzer Zeit noch nahe — entſprechend der früheren allgemeinen
Anſicht der Geologen, nach welcher das ganze norddeutſche
Flachland unmittelbar vor der Jetzt-Zeit von einem Meere be-
deckt geweſen wäre — die an ſalzhaltigen Örtlichkeiten des
Binnenlandes anzutreffenden ſalzliebenden Arten als einen
beim allmählichen Zurückweichen des Meeres an günſtigen
Stellen zurückgebliebenen Reſt der Flora der ehemaligen Meeres-
küſten aufzufaſſen, ſodaß hiernach alſo die Salzpflanzen
und nicht die Glazialpflanzen die älteſten Bewohner Nord-
deutſchlands wären.
Allein die Salzpflanzen haben gewiß
erſt ſpäter die in Rede ſtehenden Orte des Binnenlandes be-
ſetzt, indem dieſelben teils von der jetzigen Küſte nach Süden,
teils aus dem öſtlichen durch Salzboden ausgezeichnetes Steppen-
gebiet zu uns gekommen ſind;
denn manche dieſer Salzpflanzen
gehören überhaupt gar nicht zur Küſtenflora.
Die vorwiegend wohl aus dem Weſten ſpäter eingewan-
derte jetzige Küſtenflora Norddeutſchlands konnte natürlich erſt
nach dem Verſchwinden der Gletſcher-Eis-Maſſen Platz greifen,
und erſt dann war von der Küſte aus eine Beſiedelung der
Salzſtellen des Binnenlandes möglich.

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