Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 12-16, 1897

Table of contents

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[11.] VI. Die Welt der Neigungen.
[12.] VII. Geiſtige Neigungen.
[13.] VIII. Eine ungelöſte Frage.
[14.] IX. Die Entſtehung der Denkformen.
[15.] X. Die Moral.
[16.] XI. Die Kunſt.
[17.] XII. Die mannigfaltigen Einwirkungen des Geiſtes.
[18.] XIII. Leib und Geiſt.
[19.] XIV. Geiſt und Leib.
[20.] XV. Charakter und Temperament.
[21.] XVI. Das ſanguiniſche und das choleriſche Temperament.
[22.] XVII. Das Phlegma und die Melancholie.
[23.] XVIII. Das Rätſel des Todes.
[24.] XIX. Entſtehen und Vergehen.
[25.] XX. Wie Leib und Geiſt ſtirbt.
[26.] XXI. Wie alt eine neue Erfindung iſt.
[27.] XXII. Wie wenig das Herz die Wahrheit ahut, und wie blind man mit ſehendem Auge iſt.
[28.] XXIII. Die Kunſtſtücke der Hände, der Füße und der Nerven.
[29.] XXIV. Zur Vermeidung von Mißverſtändniſſen.
[30.] XXV. Die Lunge im Bruſtkaſten.
[31.] XXVI. Wie wir atmen.
[32.] XXVII. Das Luftrohr der Lunge.
[33.] XXVIII. Die Lunge, wie ſie wirklich iſt.
[34.] XXIX. Art und Zweck der Lungenthätigkeit.
[35.] XXX. Die ſinnreiche Einrichtung.
[36.] XXXI. Die regulierte Thätigkeit und die Nebengeſchäfte der Lunge.
[37.] XXXII. Die Lunge als Heizapparat.
[38.] XXXIII. Die Regulierung der Leibeswärme.
[39.] XXXIV. Wie ſparſam die Natur iſt.
[40.] XXXV. Ein Baum, eine Tonne und eine Lunge.
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            <emph style="bf">III. Urſprung und Sitz der Neigungen.</emph>
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            Neigungen und Abneigungen der Menſchen nennen, müſſen wir
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            uns den Urſprung und auch den Sitz derſelben im Menſchen
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            <s xml:id="echoid-s90" xml:space="preserve">Leider iſt man über den Urſprung der Neigungen ebenſo
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            im Dunkel wie über den Urſprung des Inſtinkts. </s>
            <s xml:id="echoid-s91" xml:space="preserve">Man weiß
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            es nicht, wer das Huhn lehrt ein Neſt bauen, die Eier darin
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            wegungen wochenlang darüber brütend zuzubringen. </s>
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            wenig weiß es eine Mutter zu ſagen, wie ihr die tiefe Zu-
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            neigung zu dem Kinde von der Stunde an gekommen, in
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            welcher ſie deſſen Bewegungen unter ihrem Herzen geſpürt hat.
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            Einſicht, Gewöhnung, Erfahrung anderer zärtlicher Gefühle
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            ſolche Mutterliebe angeregt haben. </s>
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            der mütterlichen Liebe näher nachſpürt und die Entſtehung
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            heitsgetreue Frauen das Geſtändnis vernehmen, daß, bevor ſie
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            dahin ihr ganz fremden Gefühl der Liebe erfüllt wurden. </s>
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            Erſtgebärende, züchtige Frauen verheimlichen ſogar zuweilen
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            ihren Zuſtand ſelbſt vor dem Gatten bis zu dieſem Momente
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            oder meiden mindeſtens das Geſpräch und Geſtändnis hierüber. </s>
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            Mit dieſem Moment aber erfüllt ſie ein niegeahnter Strom der
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            Liebe, den ſie unter herzlichſter Erregung dem Mann ihrer Liebe
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            eröffnen müſſen.</s>
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            des Inſtinkts, welcher im Huhn waltet, gleich finden: </s>
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