Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 1/5, 1897
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            <s xml:id="echoid-s2418" xml:space="preserve">Wer Schlafende flüchtig beobachtet und die langen Atem-
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            züge und den Schweiß bemerkt, der meint wohl, daß man im
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            Schlafe viel Kohlenſäure und Waſſer verliert und deshalb auch
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            nur gehörig mit Speiſen verſorgt den Körper zu Bette legen
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            müſſe. </s>
            <s xml:id="echoid-s2419" xml:space="preserve">Allein das iſt ein Irrtum. </s>
            <s xml:id="echoid-s2420" xml:space="preserve">Der Atem des Schlafenden
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            iſt lang und tief, aber außerordentlich langſam, und der Schweiß
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            rührt nicht von der größern Menge des Waſſers her, die man
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            im Schlafe verliert, ſondern davon, daß der Körper durch Decken
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            und geſchloſſene Zimmer mehr geſchützt iſt vor Luftzug, der die
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            Hautdünſtung entfernt, und deshalb während des Wachens den
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            Schweiß nicht ſo leicht ſich anſammeln läßt. </s>
            <s xml:id="echoid-s2421" xml:space="preserve">— Im Gegenteil
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            verbraucht man während des Schlafes weniger von den Kräften
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            des Körpers als während des Wachens und man verſpürt auch
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            deshalb des Nachts keinen Hunger und iſt am Morgen weniger
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            ermattet, als man ſein müßte nach ſo vielſtündigem Faſten.</s>
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            <s xml:id="echoid-s2423" xml:space="preserve">Hieraus aber ergiebt ſich ſchon, daß das Abendeſſen nicht
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            ein Eſſen für die Nacht, ſondern für die letzten Stunden des
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            Tages ſein ſoll. </s>
            <s xml:id="echoid-s2424" xml:space="preserve">Es ſoll kein Eſſen pränumerando, ſondern
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            ein Eſſen poſtnumerando ſein.</s>
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            <s xml:id="echoid-s2426" xml:space="preserve">Es ſind deshalb zum Abendeſſen nur leicht ernährende
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            Speiſen zu wählen und dieſe müſſen auch, wenn der Schlaf
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            ruhig von ſtatten gehen ſoll, leicht verdaulich und mindeſtens
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            zwei bis drei Stunden vor dem Schlafengehen genoſſen werden.</s>
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            <s xml:id="echoid-s2428" xml:space="preserve">Ein warmes Abendbrot iſt für geſunde Menſchen nicht
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            notwendig. </s>
            <s xml:id="echoid-s2429" xml:space="preserve">Denn das Mittagbrot wird darum nur warm ge-
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            geſſen, damit der Leim und das Fett der Speiſen flüſſig bleiben
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            möge, am Abend aber ſind ſolche Speiſen nicht nötig.</s>
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            <s xml:id="echoid-s2431" xml:space="preserve">Wer indeſſen mit einem Butterbrot und einem Glas Bier
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            nicht zufrieden iſt, der mag, wenn er es haben kann, etwas
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            Käſe eſſen; </s>
            <s xml:id="echoid-s2432" xml:space="preserve">allein man hüte ſich Fettkäſe als Speiſe für den
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            Abend zu betrachten, denn alle Fette ſind ſchwer löslich im
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            Magen; </s>
            <s xml:id="echoid-s2433" xml:space="preserve">dahingegen ſind alle Sauermilchkäſe, wie z. </s>
            <s xml:id="echoid-s2434" xml:space="preserve">B. </s>
            <s xml:id="echoid-s2435" xml:space="preserve">unſere
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            Sorten von Kuhkäſe nicht nur leichter verdaulich, ſondern </s>
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