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Geſchöpfes vielartiger werden und ſich endlich alle in der Ge-
ſtalt des Menſchen, ſofern dieſe ſie faſſen konnte, vereinen.
Bei dem Menſchen ſtand die Reihe ſtill; wir kennen kein Ge-
ſchöpf über ihm, das vielartiger und künſtlicher organiſiert
ſei; er ſcheint das höchſte, wozu eine Erdorganiſation gebildet
werden konnte. ” Wenn auch Herder nur vom “Steigen der
Form der Organiſation” ſpricht, ſo denkt er ſich doch nicht dieſe
Formen zuſammenhanglos; vielmehr ſind ſie alle miteinander
verknüpft: die niedriger organiſierten bedingen die höheren
Weſen. Deshalb ſagt er: “Alles iſt in der Natur verbunden;
ein Zuſtand ſtrebt zum anderen und bereitet ihn vor. Wenn
alſo der Menſch die Kette der Erdorganiſation als ihr höchſtes
und letztes Glied ſchloß, ſo fängt er auch eben dadurch die
Kette einer höheren Gattung von Geſchöpfen als ihr niedrigſtes
Glied an, und ſo iſt er wahrſcheinlich der Mittelring zwiſchen
zwei ineinander greifenden Syſtemen der Schöpfung. Wie wir
ſehen, war Herder nicht geneigt, den Menſchen als das Ziel
der Entwickelung der Natur zu betrachten, ſondern er erblickt
in ihm auch den Anfang einer neuen Entwickelungsreihe.
Woraus er denn ſchließt: “Wenn höhere Geſchöpfe alſo auf
uns blicken, ſo mögen ſie uns, wie wir die Mittelgattungen,
betrachten, mit denen die Natur aus einem Element ins andere
übergeht. ” Aus dieſen Ausſprüchen folgt wohl, daß Herder
das Prinzip der Entwickelung auf die Natur in weiteſtem
Sinne anzuwenden beſtrebt war; allein ob ihm wirklich eine
Blutsverwandtſchaft aller Lebeweſen, wie er ſie für das
Menſchengeſchlecht mit Beſtimmtheit annahm, vorgeſchwebt hat,
kann aus Herders Worten keineswegs geſchloſſen werden —
wahrſcheinlich iſt es nicht. — Wie ſich die genannten Philo-
ſophen die Entwickelung im Einzelnen überhaupt dachten, wird
nicht geſagt.
ſtalt des Menſchen, ſofern dieſe ſie faſſen konnte, vereinen.
Bei dem Menſchen ſtand die Reihe ſtill; wir kennen kein Ge-
ſchöpf über ihm, das vielartiger und künſtlicher organiſiert
ſei; er ſcheint das höchſte, wozu eine Erdorganiſation gebildet
werden konnte. ” Wenn auch Herder nur vom “Steigen der
Form der Organiſation” ſpricht, ſo denkt er ſich doch nicht dieſe
Formen zuſammenhanglos; vielmehr ſind ſie alle miteinander
verknüpft: die niedriger organiſierten bedingen die höheren
Weſen. Deshalb ſagt er: “Alles iſt in der Natur verbunden;
ein Zuſtand ſtrebt zum anderen und bereitet ihn vor. Wenn
alſo der Menſch die Kette der Erdorganiſation als ihr höchſtes
und letztes Glied ſchloß, ſo fängt er auch eben dadurch die
Kette einer höheren Gattung von Geſchöpfen als ihr niedrigſtes
Glied an, und ſo iſt er wahrſcheinlich der Mittelring zwiſchen
zwei ineinander greifenden Syſtemen der Schöpfung. Wie wir
ſehen, war Herder nicht geneigt, den Menſchen als das Ziel
der Entwickelung der Natur zu betrachten, ſondern er erblickt
in ihm auch den Anfang einer neuen Entwickelungsreihe.
Woraus er denn ſchließt: “Wenn höhere Geſchöpfe alſo auf
uns blicken, ſo mögen ſie uns, wie wir die Mittelgattungen,
betrachten, mit denen die Natur aus einem Element ins andere
übergeht. ” Aus dieſen Ausſprüchen folgt wohl, daß Herder
das Prinzip der Entwickelung auf die Natur in weiteſtem
Sinne anzuwenden beſtrebt war; allein ob ihm wirklich eine
Blutsverwandtſchaft aller Lebeweſen, wie er ſie für das
Menſchengeſchlecht mit Beſtimmtheit annahm, vorgeſchwebt hat,
kann aus Herders Worten keineswegs geſchloſſen werden —
wahrſcheinlich iſt es nicht. — Wie ſich die genannten Philo-
ſophen die Entwickelung im Einzelnen überhaupt dachten, wird
nicht geſagt.