23751
notwendig, und ſpeziell die Geſchichte der Abſtammungslehre
muß uns jetzt, wo die Darwinſchen Unterſuchungen eine ſo
breite Grundlage auf dem Gebiet der organiſchen Naturwiſſen-
ſchaft bilden, von beſonderem Intereſſe ſein. Wir können
daher Forſchern erſten Ranges wie Lacaze-Duthiers, Claus
u. a. , die ſich mit der Geſchichte der Deſcendenzlehre beſchäftigt
haben, nur dankbar ſein, wenn ſie ſich auch einmal ihren
Spezialſtudien entziehen, um einen Blick in die Vergangenheit
zu thun.
muß uns jetzt, wo die Darwinſchen Unterſuchungen eine ſo
breite Grundlage auf dem Gebiet der organiſchen Naturwiſſen-
ſchaft bilden, von beſonderem Intereſſe ſein. Wir können
daher Forſchern erſten Ranges wie Lacaze-Duthiers, Claus
u. a. , die ſich mit der Geſchichte der Deſcendenzlehre beſchäftigt
haben, nur dankbar ſein, wenn ſie ſich auch einmal ihren
Spezialſtudien entziehen, um einen Blick in die Vergangenheit
zu thun.
Es iſt bei der jetzigen, vielfachen Beſchäftigung mit dem
Gegenſtand auffällig, daß nächſt Lamarck einer der bedeutendſten
Vorgänger Darwins bis jetzt vollſtändig überſehen worden iſt.
Gegenſtand auffällig, daß nächſt Lamarck einer der bedeutendſten
Vorgänger Darwins bis jetzt vollſtändig überſehen worden iſt.
A.
Moritzi veröffentlichte im Jahre 1842 zu Solothurn ein
Werk, welches den Titel führt: “Réflexions sur l’espèce en
histoire naturelle“ (Betrachtungen über die Art in der Natur-
geſchichte), und dieſem Titel entſprechend gänzlich mit Betrach-
tungen über den naturhiſtoriſchen Begriff der Art erfüllt iſt,
die völlig im Sinne der heutigen Deſcendenz-Lehre gehalten
ſind. Dieſe Betrachtungen führten ihn zu einer ſo vollſtän-
digen Verwerfung des ſeitherigen Artbegriffes, daß er, wie er
in der Vorrede bemerkt, nur deshalb dem Buche nicht den Titel
“Die Art exiſtiert nicht”, oder etwa “Ein allgemeines Vor-
urteil” oder einen ähnlichen Titel gegeben habe, weil er über-
zeugt ſei, daß man in dieſem Falle von ſeinem Buche nur die
Aufſchrift leſen würde. Dann entſchuldigt er ſich in franzö-
ſiſcher Sprache geſchrieben zu haben:
Werk, welches den Titel führt: “Réflexions sur l’espèce en
histoire naturelle“ (Betrachtungen über die Art in der Natur-
geſchichte), und dieſem Titel entſprechend gänzlich mit Betrach-
tungen über den naturhiſtoriſchen Begriff der Art erfüllt iſt,
die völlig im Sinne der heutigen Deſcendenz-Lehre gehalten
ſind. Dieſe Betrachtungen führten ihn zu einer ſo vollſtän-
digen Verwerfung des ſeitherigen Artbegriffes, daß er, wie er
in der Vorrede bemerkt, nur deshalb dem Buche nicht den Titel
“Die Art exiſtiert nicht”, oder etwa “Ein allgemeines Vor-
urteil” oder einen ähnlichen Titel gegeben habe, weil er über-
zeugt ſei, daß man in dieſem Falle von ſeinem Buche nur die
Aufſchrift leſen würde. Dann entſchuldigt er ſich in franzö-
ſiſcher Sprache geſchrieben zu haben:
“Ungeachtet des Vorteils,” ſagt er, “daß ein franzöſiſches
Buch von den Deutſchen, aber ein deutſches Buch von den
Franzoſen nicht geleſen wird, habe ich eine gewiſſe Abneigung,
““eine neue Anſicht”“, wie man ſagt, in die Republik der
deutſchen Gelehrten loszulaſſen. Dieſe neuen Anſichten ſind in
Mißkredit geraten, wenigſtens bei den wirklichen Naturforſchern,
weil ſie in Wirklichkeit nur dazu gedient haben, das zu
Buch von den Deutſchen, aber ein deutſches Buch von den
Franzoſen nicht geleſen wird, habe ich eine gewiſſe Abneigung,
““eine neue Anſicht”“, wie man ſagt, in die Republik der
deutſchen Gelehrten loszulaſſen. Dieſe neuen Anſichten ſind in
Mißkredit geraten, wenigſtens bei den wirklichen Naturforſchern,
weil ſie in Wirklichkeit nur dazu gedient haben, das zu