Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 12-16, 1897

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261129 und des Gaumens dieſer Sinn ſeinen Hauptſitz hat, weil die
Flüſſigkeiten, mit welchen man Verſuche anſtellt, ſich in der
ganzen Mundhöhle verbreiten.
Selbſt über die Frage, ob die
Zungenſpitze Geſchmacksnerven hat, iſt man nicht ganz im
Reinen.
Im Berliner phyſiologiſchen Inſtitut iſt vor Jahren
von jungen Forſchern hierüber ein eigentümliches Erperiment
mit Elektrizität angeſtellt worden.
Man weiß es, daß der
eine Strom eine Säure, der andere Strom einen alkaliſchen
Stoff anzieht.
Da ſtellten ſich denn zwei junge Studenten
einander gegenüber, ſtreckten ihre Zungenſpitzen einander zu,
ſo daß ſie ſich berührten, während der eine den poſitiven, der
andere den negativen Pol einer Batterie in die befeuchtete
Hand nahm.
Der Strom ging auch durch die Zungenſpitzen
und die Empfindungen beider Experimentatoren waren auch
verſchieden;
aber ſie mußten dabei doch erſt die Zungenſpitzen
an den Gaumen bringen, um zu erkennen, was ſie ſchmeckten.
Es ſprach die Wahrſcheinlichkeit dafür, daß wohl die Feuchtig-
keit der beiden Zungen durch den Strom zerſetzt wurde, daß
aber der Geſchmack ſelber erſt hervortrat, als die zerſetzten
Stoffe tiefer in die Mundhöhle eingedrungen waren.
Gleichwohl haben wir allen Grund zu behaupten, daß
auch das verſteckteſte Gebilde unſerer Sinneswirkungen in
äußerſt kleinen Partikelchen verborgen liegt.
Es giebt viele
chemiſche Stoffe, namentlich auf dem Gebiet der organiſchen
Chemie, welche in allen Beziehungen eine Ähnlichkeit haben
und ſich ſchwer unterſcheiden laſſen.
Da nimmt denn der
Chemiker auch zum Geſchmacksſinn Zuflucht, und dieſer
ſpürt oft aus, was nicht die feinſte Wage noch die ent-
ſcheidenſten Reagentien der Chemiker auszuſpionieren im-
ſtande ſind.
Auch der Taſtſinn iſt äußerſt fein. Man ſpürt ein
Härchen auf der Zunge, das man mit bloßem Auge nicht ſieht.
Als ein anderes Beiſpiel für die Feinheit des Taſtſinnes führen
A. Bernſtein, Naturw. Volksbücher XIII.

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