Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 1/5, 1897

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            <s xml:id="echoid-s4112" xml:space="preserve">Wer einmal Gelegenheit hat, die Berliner Sternwarte zu
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            beſehen, der wird wahrnehmen, daß das große vorzügliche
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            Hauptfernrohr nicht auf dem Boden ſteht, wo ſich der Be-
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            obachter befindet, ſondern auf einer Säule aufgeſtellt iſt, die
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            tief vom Fundament des Gebäudes hinaufgeführt wurde bis
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            zur Beobachtungs-Kuppel; </s>
            <s xml:id="echoid-s4113" xml:space="preserve">und zwar iſt dieſe Säule ſo auf-
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            geführt, daß ſie an keinem Punkte das Gebäude berührt,
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            ſondern daß ein leerer Raum rings um ſie iſt. </s>
            <s xml:id="echoid-s4114" xml:space="preserve">— Der Grund
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            hiervon iſt folgender:</s>
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            <s xml:id="echoid-s4116" xml:space="preserve">Alle Gebäude, alle Häuſer, alle noch ſo feſten Mauern
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            werden durch die Wärme des Sonnenlichtes ausgedehnt und
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            ziehen ſich, wenn die Sonne nicht ſcheint, wieder zuſammen.
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            <s xml:id="echoid-s4117" xml:space="preserve">So unmerklich dies für das Auge iſt, ſo weſentlich wird dies
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            gemerkt, wenn man genaue aſtronomiſche Beobachtungen macht: </s>
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            denn mit dem Gebäude, das ſich hebt und ſenkt in der Wärme
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            und Kälte, hebt und ſenkt ſich auch das Fernrohr, wenn es
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            auf das Gebäude feſtgeſtellt iſt und zeigt dadurch nicht nach
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            einem feſten Punkt des Himmelsgewölbes, den man beobachten
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            <s xml:id="echoid-s4119" xml:space="preserve">Da man nun bei genauen aſtronomiſchen Beobachtungen
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            das Fernrohr auf eine unverſchiebbare Unterlage ſtellen muß,
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            ſo iſt man in den guten Sternwarten genötigt, mindeſtens das
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            Hauptfernrohr auf einer Säule aufzuſtellen, die nie vom
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            Sonnenlicht getroffen wird und die auch nicht mit dem Ge-
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            bäude in Berührung ſteht, welches — wie feſt man es auch
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            bauen mag — doch ſtets durch Kälte und Wärme gedehnt und
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            zuſammengezogen wird, und deshalb in einem ewigen, für das
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            Auge freilich unſichtbaren, aber doch ganz unzweifelhaften Hin-
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            und Herſchwanken begriffen iſt.</s>
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