Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 6/11, 1897

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36812 Baumgeſchlechtern eingeſchachtelt. Man dehnte dieſe kurioſe
Vorſtellung auf alles in der Welt aus und ſah in jedem Ding,
das ſich entwickeln kann, immer eine Art Einſchachtelung, in
welcher die ganze Zukunft ſchlummerte.
Dieſe kurioſe Vor-
ſtellung wurde die Einſchachtelungstheorie genannt, die
nicht wenig Anhänger unter den Natur-Philoſophen zählte.
Allein eine richtigere Einſicht in die Zuſtände der Natur
hat philoſophiſche Weisheiten, oder richtiger:
Thorheiten dieſer
Art vollſtändig verwerfen gelehrt.
Es iſt nicht ſo, wie ſich’s
die ehemalige Weisheit der Menſchen einbildete.
In einem
Apfelkern ſteckt kein kleiner, unſichtbarer Apfelbaum, ſondern
etwas anderes, was wir noch ſpäter näher kennen lernen
werden, und ebenſowenig ſteckt in einem Ei ein kleines Hühn-
chen, oder gar ein ganzes Hühnergeſchlecht, das bis ans Ende
der Welt reicht.
Wenn man ſich ein Ei mit bloßem Auge anſieht, ſo findet
man ſchon Merkwürdiges genug.
Durch Vergrößerungsgläſer
entdeckt man des Merkwürdigen noch mehr:
aber wir dürfen
verſichern, daß auch nicht einmal die Spur eines kleinen
Hühnchens darin zu finden iſt, ſondern nur ein “Keim”, der
die Fähigkeit hat, ſich zu einem Hühnchen zu entwickeln, ſo-
bald die Umſtände dieſe Entwickelung begünſtigen.
Freilich könnte man uns die Frage zurufen: “Ein Keim?
Was iſt denn eigentlich ein Keim? Gieb uns für dieſes Wort
einmal eine richtige, genaue Erklärung!”
Hierauf aber antworten wir: Es kommt uns nicht auf ein
Wort und auf eine genaue Erklärung eines Wortes an;
ſondern
wir halten es unſererſeits für richtiger, durch die Darſtellung
thatſächlich zu zeigen, was man in der Wiſſenſchaft einen Keim
nennt, oder beſſer noch, das Ding, woran im Ei die eigent-
liche Bildung des Hühnchens vor ſich geht, und wollen gar
nicht böſe ſein, wenn man dann einen paſſenderen Namen für
dies Ding finden wollte.

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