Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 6/11, 1897

Table of Notes

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            die Eier nur im äußerſten Notfall auf wenige Augenblicke,
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            und wenn der Herr Papa bei der Hand iſt, ſetzt er ſich wohl
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            unterdeſſen, wenn auch nicht ſo manierlich, wie die getreue
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            Gattin, über die Eier, um ſie nicht kalt werden zu laſſen.
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            <s xml:id="echoid-s5539" xml:space="preserve">Vom ſechſten Tage ab erlaubt ſich das Huhn ſchon etwas mehr
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            Freiheit, und der geliebte Gatte bequemt ſich ſchon ſeltener
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            dazu, Wartefrau zu ſpielen.</s>
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            <s xml:id="echoid-s5541" xml:space="preserve">Auf Grund dieſer Thatſache nahm man ſonſt an, daß von
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            dieſer Zeit ab die Hühnchen ſchon ſtark genug ſein mögen,
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            einen kleinen Schnupfen durch Erkältung zu ertragen; </s>
            <s xml:id="echoid-s5542" xml:space="preserve">jetzt
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            weiß man es beſſer. </s>
            <s xml:id="echoid-s5543" xml:space="preserve">Das Huhn und auch der Hahn ſind in
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            ihrer Weiſe ſehr gelehrte Chemiker, obgleich ſie es ſchwerlich
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            ahnen, wie geſcheit ſie ſind. </s>
            <s xml:id="echoid-s5544" xml:space="preserve">Die Chemie und zwar die
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            Forſchungen des großen deutſchen Chemikers Liebig haben
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            es bewieſen, daß durch die Atmung von Sauerſtoff die Körper-
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            wärme erzeugt wird. </s>
            <s xml:id="echoid-s5545" xml:space="preserve">Wenn wir daher nur gut atmen können,
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            können wir ſchon eine Portion Kälte vertragen, wohingegen
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            Schwindſüchtige, die wenig Lunge haben, fortwährend, ſelbſt
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            im heißen Sommer, fröſteln. </s>
            <s xml:id="echoid-s5546" xml:space="preserve">Da nun von der Zeit ab, wo
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            der Harnſack im Ei das Geſchäft des Atmens übernimmt, eine
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            Portion Wärme im Ei ſelbſt erzeugt wird, iſt eine kleine
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            Pauſe der Brütung nicht von weſentlichem Nachteil und hat
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            wahrſcheinlich nur zur Folge, daß die Atmung etwas ſchneller
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            vor ſich geht.</s>
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            <s xml:id="echoid-s5548" xml:space="preserve">Man ſieht, nicht nur die weiſen Naturforſcher unſerer Zeit,
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            ſondern auch Hahn, Henne und Hühnchen, ſind von uralten
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            Zeiten her ganz und gar Liebig’s Anſicht!</s>
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            <s xml:id="echoid-s5549" xml:space="preserve">Was nun eben das Hühnchen ſelbſt betrifft, ſo beeilt es
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            ſich vom ſechſten bis zum zehnten Tage, in allen ſeinen
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            Teilen dereinſt ein würdiges Mitglied der Vogel-Geſellſchaft
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            zu werden.</s>
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            <s xml:id="echoid-s5551" xml:space="preserve">Zu dieſem Zwecke reckt und dehnt ſich ſein Hals ganz be-
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            ſonders ſtark. </s>
            <s xml:id="echoid-s5552" xml:space="preserve">Bisher war eigentlich ein Hals gar nicht </s>
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