Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 12-16, 1897

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4638 nötig gehabt, um dem Menſchen dienſtbar zu ſein, wie es jetzt
der Fall iſt?
— Geht man gar zurück auf die Werkzeuge, die
nötig waren, um all das herzuſtellen, ſo häuft- ſich die Zahl
künſtlicher Vorrichtungen und Zuſtände, die nur die aller-
gewöhnlichſten Dinge erfordern, ins Unberechenbare.
Bedenkt man aber, daß all’ dies uns ſchon ſo natürlich
vorkommt, daß man kaum mehr dieſes Kunſtdaſein als ein
ſolches betrachtet, bedenkt man, daß unſere Kleidung, unſere
Wohnung über- und übervoll iſt von künſtlichen Erzeugniſſen,
zu der die Natur die rohen Stoffe geliefert hat, ſo wird man
es recht inne, wie die Kunſt, das Element des Menſchenlebens,
ja, wie das Kunſtleben des Menſchen eigentlich ſein natürliches
Leben iſt.
Da man aber ſelbſt bei den wildeſten und fernſten Völkern
mehr oder weniger den Trieb ausgebildet findet, ſich vom rohen
Naturzuſtand zu entfernen und eine künſtliche Umgebung ſich zu
ſchaffen, ſo iſt es keinem Zweifel unterworfen, daß der Kunſt-
ſinn eine natürliche Neigung des Menſchen iſt, eine Neigung
ſeines Geiſtes, die urſprünglich mit dem Kunſtwerke ſchaffenden
Inſtinkt der Tiere verwandt iſt, der aber der Natur des Menſchen
entſprechend ein mannigfaltiges und freies Walten zeigt.
Der Kunſtſinn iſt ſo ſchöpferiſch im Menſchen, daß er
alles im Leben durch die Kunſt zu verſchönern den Trieb hat,
und ein inneres Wohlbehagen empfindet und erweckt durch
Genüſſe höherer Art, die zum Bereich der höheren Künſte ge-
hören.
Hierbei wird der Menſch durch eine Eigentümlichkeit
ſeines Geiſtes unterſtützt, der von einem gewiſſen Schönheits-
Gefühl beherrſcht wird, und dem namentlich Auge und Ohr
unterworfen ſind.
Das Schönheits-Gefühl des Auges beruht
auf Naturgeſetzen, in denen vorzüglich eine Gleichmäßigkeit,
die man Symmetrie nennt, eine Hauptrolle ſpielt.
Ganz ſo
wie die Natur Pflanzen-Zweige ſo bildet, daß ſie gleichmäßig
nach beiden Seiten eine Reihe Blätter zeigen, ganz ſo

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