Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 12-16, 1897

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Gewiß iſt es ſchon Jedem einmal durch den Sinn ge-
gangen
, daß unſere Zündhölzchen in der Männerwelt ungefähr
dieſelbe
Stelle einnehmen wie die Nadeln in der Frauenwelt.
Was von den Männern an Zündhölzern verſchwendet wird,
das
iſt ganz unglaublich.
Wenn unſere Vorväter es mit an-
ſehen
müßten, wie unzählige Male des Tages wir Feuer an-
machen
und ein ſo ſauber gearbeitetes Hölzchen gedankenlos
anzünden
und fortwerfen, ſie würden Zeter über unſere Ver-
ſchwendung
ſchreien.
Ja, ſie würden der Gegenwart alle Ge-
mütlichkeit
abſprechen;
denn wie gemütlich war es nicht,
wenn
die ſelige Urgroßmutter ſich mit Stahl und Stein und
Zunder
vergeblich abplagte und der ſelige Urgroßvater ſie lächelnd
beiſeite
ſchob, um in galanter Virtuoſität mit etwa zwanzig
Schlägen
den zunder falls er nicht etwas feucht geworden
war
, anbrennen zu laſſen.
Wie gemütlich wurde nicht von
unſeren
Großeltern oft der Frieden am häuslichen Feuerherd
geſtiftet
, wenn der Papa nach einigem Brummen zu der Mama
nach
einigem Schmollen in die Küche trat, um ſich dort in der
bequemſten
Manier von der Welt die Pfeife an einem Feuer-
brande
anzuzünden.
Jetzt iſt die Gemütlichkeit hin und die
Verſchwendung
zur Herrſchaft gelangt! Wo giebt es eine
Wirtſchaft
, in der nicht tagtäglich ein Bündelchen Zündhölzer
verbraucht
wird?
Hundertmal, ſage: hundertmal des Tages
wird
Feuer angemacht und ein ſo ſorgſam zubereitetes Hölzchen,
kaum
zur Hälfte verbraucht, fortgeworfen, ohne alle Poeſie
der
häuslichen Gemütlichkeit und ohne zu bedenken, was das
für
Geld koſtet! Gewiß, unſere Vorväter würden darin
den
ſonnenklaren Beweis erblicken, daß die Welt ſehr ver-
dorben
iſt!

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