Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 12-16, 1897

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53474 einer wirklichen Wortſchrift entſtehen können, wollen wir als
Beiſpiel die Thatſache anführen, daß man in mittelalterlichen
hebräiſchen Schriften ſehr oft anſtatt des Wortes “Jehova”
den Buchſtaben D gebraucht findet.
Ohne uns hier auf den
Grund dieſes Gebrauchs einzulaſſen, wird man leicht erkennen,
daß dieſes D nicht ſo verſtanden ſein ſoll, wie es geleſen wird.
Es repräſentiert ideal etwas, das nicht in ſeinem Lautwert
liegt.
Ähnliche Fälle kommen — wie z. B. die Buchſtaben
Alpha und Omega für die Begriffe “Anfang” und “Ende” —
auch in anderweitigen mittelalterlichen Schriften vor und er-
fordern eine Kenntnis derſelben, welche die Sprache nicht er-
giebt.
In der Keilſchrift aber ſind ſolche Fälle maſſenhaft
vorhanden.
Man hat bei jedem neuen Wort vorerſt zu unter-
ſuchen, ob es dem Silbenlaute nach geleſen oder dem Ideen-
werte nach verſtanden ſein will.
Man kann ſich leicht vor-
ſtellen, wie eine ſonderbare Miſchung in der Schreibweiſe
die Entzifferung zu einem Kunſtſtück mit zahlloſen Hinder-
niſſen machte.
Man hätte vollauf Urſache, an der Möglichkeit der Ent-
zifferung zu zweifeln und allen Verſuchen und Behauptungen
der Löſung zu mißtrauen, wenn nicht zwei Thatſachen jeden
Zweifel niedergeſchlagen hätten.
Die eine Thatſache iſt, daß alle nicht ideogrammiſchen
Worte der Keilſchrift dem Stamme der ſemitiſchen Sprache an-
gehören.
Dieſe Worte haben eine ſo entſchiedene Verwandt-
ſchaft mit der hebräiſchen Sprache, daß ſie, einmal in ihrem
Silbenwert erkannt, vollſtändig jedem Kenner der ſemitiſchen
Sprachen verſtändlich ſind.
Für die Ideogramme aber hat
man eine Entzifferung viel erſtaunlicherer Natur aufgefunden.
Man hat in den Ausgrabungen der aſſyriſchen Altertümer
Tafeln entdeckt, welche im vollſten Sinne des Wortes Lexika
bilden, und die darüber belehren, wie ein ideogrammiſches Wort
geleſen ſein will, und was man darunter zu verſtehen hat.

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