Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 6/11, 1897

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69345 etwa folgendes: Wenn man im vollen Schlafe iſt, träumt man
wahrſcheinlich — genaues kann man natürlich nicht ausſagen —
überhaupt nicht;
nur wenn durch innerliche oder äußerliche
Urſachen der feſte Schlaf geſtört oder gehindert wird, dann
treten meiſt Traumerſcheinungen ein.
Sie rühren bei inneren
Urſachen daher, daß, wie bereits erwähnt, die ganze Maſchinerie
des pflanzlichen Lebens, der Blutumlauf, das Atmen, die Ver-
dauung u.
ſ. w. auch während des Schlafes thätig iſt. Geht
dieſe Thätigkeit ungeſtört fort, ſo regt ſie ebenſowenig im
Wachen wie im Schlaf das Gehirn zur Thätigkeit an, findet
ſich jedoch durch irgend welchen Umſtand eine Störung ein,
wie z.
B. wenn der Blutumlauf durch geiſtige Getränke erhöht
oder das Atmen durch eine unbequeme Lage geſtört oder die
Verdauung durch eine ſchwere Speiſe behindert iſt, dann tritt
während des Wachens das Bewußtſein ins Gehirn, daß man
ſich nicht wohl befinde, und das Nachdenken hierüber lehrt den
Leidenden die richtige Urſache dieſes Unbehagens herauszufinden.
Während des Schlafes jedoch bewirkt die Erregung des Gehirns
eine innere Erregung der Sinnesnerven, und man hat Sinnes-
erſcheinungen, die ſich ſo ausnehmen, wie man ſie gewöhnt iſt,
im Wachen wahrzunehmen.
Wird z. B. der Augennerv vom Gehirn aus erregt, ſo
ſieht man Dinge mit geſchloſſenen Augen, weil jeder Reiz dieſes
Nerven ſtets nur Lichterſcheinungen hervorrufen kann.
Wird
der Gehörnerv durch das Gehirn gereizt, ſo verurſacht dies
ſtets den Eindruck des Hörens, weil dieſer Eindruck eben die
ausſchließliche Wirkſamkeit dieſes Nerven iſt.
Da aber nicht
die Außenwelt durch wirkliche Vorgänge dieſe Reize bewirkt,
verurſacht dies, daß man Dinge zu ſehen und zu hören glaubt,
die nur als Erinnerungen, Phantaſien oder Hoffnungen im
Gehirn exiſtiert haben, ohne daß das Gehirn jetzt Urteilskraft
genug beſitzt, dieſe Erſcheinungen vernunftgemäß zu ordnen.
Dies iſt der Zuſtand des Träumens, in welchem man

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