Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 6/11, 1897

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73284 beſtätigen, daß man beim Beſinnen gewiſſe dunkle Regeln befolgt,
die ſicherlich Lebensregeln des Geiſtes ſind.
XXVII. Vom Vergeſſen alter und dem Erzeugen
neuer Gedanken.
Ebenſo wie man ſich durch Anſtrengung auf etwas beſinnen
kann, ebenſo vermag man auch mit Vorſatz ſich irgend etwas
aus dem Sinn zu ſchlagen und es zu vergeſſen.
Nur muß man
hierbei in entgegengeſetzter Weiſe wie beim Beſinnen verfahren.
Wer einen ſchmerzlichen, peinigenden, ſchweren Gedanken
von ſich abthun will, muß ſich mit neuen Gedanken beſchäftigen,
die dem zu meidenden fernliegen.
Er darf ſeinen Sinnen
keine Veranlaſſung bieten, daß ſie etwas Ähnliches wie das
Erlebte vorbringen.
Wer an einem Krankenlager, an einem
Todtenbette ſchwer zu ertragende Eindrücke empfangen hat,
der muß, wenn er nicht unterliegen will, eine Reiſe unternehmen
und neue Umgebungen ſuchen.
Denkenden Menſchen iſt es in
ſolcher Lage möglich, ſich auf ein ihnen neues Gebiet der
Wiſſenſchaft zu legen, durch Studieren, durch geiſtige Be-
ſchäftigung zu tröſten.
— Beim Beſinnen ſucht man nach
Spuren, die auf das Vergeſſene leiten;
beim Streben nach
Vergeſſenheit muß man die Spuren meiden, und ſeinem Geiſte
neue Gedanken, neue Richtungen, neue Eindrücke bieten.
Je
lebhafter die neuen Eindrücke ſind, deſto mehr treten die alten
in den Hintergrund, und obgleich das wirklich erſchütternde
Erlebnis nicht vergeſſen wird, vermag man es dahin zu bringen,
daß es nicht mehr ſo ſchneidend und ſchmerzhaft wirkt.
Wiſſenſchaftlich iſt es nicht leicht, ſich dies Vergeſſen zu
erklären.
Es giebt Naturforſcher, welche meinen, daß wenn
die Maſſe des Gehirns durch Eſſen und Trinken ſich erneut,
und die alte Gehirnmaſſe aus dem Körper nach und nach

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