Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 6/11, 1897

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            Beweis, und wenn er im glücklichen Moment Maß zu halten
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            weiß und an der richtigen Stelle abbricht und endet, ſo tritt
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            er mit dem Gefühl von der Tribüne, als ob ihm ein fremder
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            Geiſt hierbei geholfen, und auch die Hörer ſagen es, er ſei be-
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            geiſtert und habe ſie begeiſtert!</s>
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            <s xml:id="echoid-s9889" xml:space="preserve">Im Altertum wähnte man, oder drückte man es dahin
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            aus, daß ein Gott ihm die Worte in den Mund gelegt; </s>
            <s xml:id="echoid-s9890" xml:space="preserve">ſo
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            fremdartig iſt dieſes ſichtbare Entſtehen der neuen Gedanken im
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            Gehirn; </s>
            <s xml:id="echoid-s9891" xml:space="preserve">jetzt weiß man zwar, daß es doch nur eine ſchaffende
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            Kraft des Geiſtes iſt, eine Kraft, die überraſchend ſchnell
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            wirkt, und ſelbſt vom Menſchen, in welchem ſie thätig auftritt,
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            unerkannt iſt. </s>
            <s xml:id="echoid-s9892" xml:space="preserve">— Dies aber wiſſenſchaftlich zu erklären, bleibt
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            für jetzt unmöglich, weil der Geiſt in der That noch eine Er-
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            ſcheinung iſt, die in uns wirkt, ohne daß wir ſie gründlich
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            kennen.</s>
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            <emph style="bf">XXVIII. Wie man im Gehirn etwas überlegt.</emph>
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            <s xml:id="echoid-s9894" xml:space="preserve">Es iſt höchſt merkwürdig, daß der Menſch oft mit ſeinem
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            Geiſt ſo umgeht, als ob dieſer gar nicht ihm gehörte. </s>
            <s xml:id="echoid-s9895" xml:space="preserve">—</s>
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            <s xml:id="echoid-s9896" xml:space="preserve">Schon beim Beſinnen ſtellt man ſeinem eigenen Gehirn
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            die Forderung, etwas zu finden, was augenblicklich nicht im Ge-
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            hirn vorhanden zu ſein ſcheint. </s>
            <s xml:id="echoid-s9897" xml:space="preserve">Beim Schaffen neuer Gedanken
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            geht das noch weiter, denn der Geiſt ſtellt ſich ſelber die Auf-
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            gabe, etwas noch gar nicht Dageweſenes ausfindig zu machen.
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            <s xml:id="echoid-s9898" xml:space="preserve">Es iſt kurios genug, daß ein Menſch ſich ſelber etwas Neues
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            ſagen ſoll, und doch geſchieht es ſehr oft: </s>
            <s xml:id="echoid-s9899" xml:space="preserve">man wird von ſeinem
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            eigenen Einfall überraſcht, als ob der Einfall nicht eben im
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            eignen Gehirn erzeugt worden wäre.</s>
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            <s xml:id="echoid-s9901" xml:space="preserve">Man geht aber hierin noch kurioſer zu Werke, wenn man
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            etwas überlegen will.</s>
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            <s xml:id="echoid-s9903" xml:space="preserve">In ſolchem Moment ſetzt man ſich in irgend einer Ecke
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            nieder, wo man von äußern Eindrücken nicht geſtört zu </s>
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