Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 6/11, 1897

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Im Kopfe eines bedeutenden dramatiſchen Dichters iſt dies
noch in höherem Grade der Fall, obgleich es dieſer mehr mit
dem Wollen und Streben ſeiner erdichteten Perſonen zu thun
hat, als mit ihrem rein geiſtigen Denken.
Schwerlich hat wohl
jemand mit Verſtändnis das in dieſer Beziehung vorzüglichſte
Werk Goethe’s, “Torquato Taſſo” geleſen, ohne voll Be-
wunderung wahrgenommen zu haben, wie im Geiſte Goethe’s
jede einzelne Perſon vollkommen richtig denkt, und es dieſem
großen Dichter doch gelungen iſt, ſich von keiner der Anſichten
beherrſchen zu laſſen, ſondern wie ein erhabener Richter und
Ordner über ihnen zu ſtehen.
Die wiſſenſchaftliche Erklärung für dieſe Erſcheinungen iſt
äußerſt ſchwierig;
man hat nur eine leiſe Spur einer ſolchen
Erklärung, wenn man eine eigentümliche Fähigkeit des Gehirns
in Betracht zieht, was wir im nächſten Artikel thun wollen,
ſoweit unſere allgemeinfaßliche Schreibart dies zuläßt.
XXIX. Die Energie.
Wenn man ſich einen Einblick in das verſchaffen will, was
während des Überlegens im Gehirn vorgeht, während dieſes
Herausfordens des Geiſtes, in welchem man von ihm etwas
verlangt, was ſcheinbar in ihm nicht vorhanden iſt, ſo muß
man ſich vorerſt mit einer Eigenſchaft des Nervenlebens über-
haupt vertraut machen, die an ſich freilich noch nicht erklärt, die
aber in ihrer Erſcheinung ganz bekannt iſt.
Wir meinen die
Energie.
Die Kräfte der toten Natur beſitzen das nicht, was man
Energie nennt;
auch in der Pflanze iſt dies nicht vorhanden;
nur die tieriſchen Weſen, die ein Nervenleben führen, und der
Menſch, der ein höheres, ein Geiſtesleben lebt, das mit der
Thätigkeit der Nerven und namentlich des Gehirns enge

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