Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 1/5, 1897

Table of contents

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[41.] II. Fortpflanzung durch Teilung.
[42.] III. Die geſchlechtliche Fortpflanzung.
[43.] IV. Blumen und Blüten.
[44.] V. Bau der Blüten.
[45.] VI. Die Beſtäubung.
[46.] VII. Die Inſektenblüten oder Blumen.
[47.] VIII. Beiſpiele zur Erläuterung des Beſtäubungs- vorganges bei den Blumen.
[48.] IX. Waſſerblütler.
[49.] X. Windblütler.
[50.] XI. Der Entdecker des Geheimniſſes der Blumen.
[51.] XII. Bedeutuug der Befruchtung.
[52.] XIII. Einiges über die Früchte und deren Erziehung.
[53.] Die Nahrungsmittel für das Volk. I. Umſatz der Nahrungsmittel.
[54.] II. Die Verdauung.
[55.] III. Kaffee.
[56.] IV. Nützlichkeit und Schädlichkeit des Kaffees.
[57.] V. Das Frühſtück.
[58.] VI. Branntwein.
[59.] VII. Gefahren des Branntweins.
[60.] VIII. Der Arme und der Branntwein.
[61.] IX. Die Folgen der Trunkſucht und deren Verhütung.
[62.] X. Der Mittagstiſch.
[63.] XI. Notwendigkeit der verſchiedenartigſten Koſt.
[64.] XII. Fleiſchbrühe.
[65.] XIII. Zweckmäßige Zuthat zur Fleiſchbrühe.
[66.] XIV. Hülſenfrüchte.
[67.] XV. Gemüſe und Fleiſch.
[68.] XVI. Das Mittagsſchläfchen.
[69.] XVII. Waſſer und Bier.
[70.] XVIII. Abendbrot.
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            <emph style="bf">VI. Branntwein.</emph>
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            <s xml:id="echoid-s1859" xml:space="preserve">Soll man nicht aber auch ein Schnäpschen zum Frückſtück
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            zu ſich nehmen?</s>
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            <s xml:id="echoid-s1861" xml:space="preserve">Es iſt dies eine Frage von der größten Wichtigkeit und
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            erfordert eine höchſt unparteiiſche und möglichſt klare Antwort,
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            die man in allzu kurzen Worten nicht genügend geben kann.</s>
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            <s xml:id="echoid-s1863" xml:space="preserve">Der Branntwein iſt kein Nahrungsmittel und iſt, als
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            Nahrung betrachtet, nicht einmal ſoviel wert wie Zuckerwaſſer.
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            <s xml:id="echoid-s1864" xml:space="preserve">Was ihn aber dennoch zum Bedürfnis des Volkes und namentlich
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            des arbeitenden Volkes gemacht hat, iſt eine gute und zugleich
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            auch gefährliche Eigenſchaft, die er beſitzt.</s>
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            <s xml:id="echoid-s1866" xml:space="preserve">Das, was am Branntwein eigentlich ſo beliebt iſt, iſt der
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            darin enthaltene Weingeiſt, den man Alkohol nennt, und dieſer
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            iſt nichts anderes, als ein durch Gährung verwandelter Zucker.
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            <s xml:id="echoid-s1867" xml:space="preserve">Aus allen Pflanzen, aus denen man Stärkemehl gewinnen kann,
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            kann man Alkohol machen, denn durch geeignete Vorrichtung
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            wird das Stärkemehl in Zucker und der Zucker in Alkohol ver-
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            <s xml:id="echoid-s1868" xml:space="preserve">Dem Körper ſelber bringt alſo der Alkohol nicht
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            mehr an Nahrungsſtoffen zu, als der Zucker; </s>
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            Eigenſchaften, welche der Zucker nicht hat, und dieſe machen
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            ihn eben ſo beliebt wie gefahrvoll.</s>
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            <s xml:id="echoid-s1871" xml:space="preserve">In ſehr geringer Portion genoſſen, wirkt er wie eine
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            Medizin auf den Körper, in größeren Portionen leicht wie ein
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            Gift; </s>
            <s xml:id="echoid-s1872" xml:space="preserve">man muß ſich daher nicht wundern, wenn man ihn einer-
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            ſeits nicht miſſen kann und andererſeits ihn vollſtändig ver-
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            dammen hört. </s>
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            liegt darin, daß der Branntwein, obgleich er kein Nahrungs-
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            mangelnde Nahrung bietet und leider oft den billigſten und den
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            ſchnellwirkendſten Erſatz, den der Unglückliche ſich verſchaffen kann.
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