Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 1/5, 1897

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Wenn man ein wenig Branntwein beim Frühſtück genießt,
ſo fühlt man ſchnell die erhöhte Lebensthätigkeit.
Der Puls
geht ſchneller, der Geiſt wird reger, die Verdauung geht beſſer
von ſtatten, und ehe noch die Speiſen ins Blut übergegangen
ſind, um die Ernährung hervorzubringen, fühlt man ſich ſchon
angeregt zu friſcher Leibesbewegung und körperlicher Thätig-
keit.
Der Branntwein füllt ſo gewiſſermaßen eine Pauſe aus
zwiſchen dem Eſſen der Speiſen und der Verwandlung der
Speiſen zu Blut.
Wer ſich entkräftet fühlt und Speiſe zu ſich
nimmt, hat vorerſt nur den Magen befriedigt, ohne daß davon
weſentlich ſein Blut erſetzt wird;
es dauert eine ganze Zeit
— oft an fünf bis ſechs Stunden — bis wirklich das Blut
ſeinen Gewinn davon zieht.
Man iſt daher nach dem Eſſen
nicht ermuntert, ſondern im Gegenteil, man fühlt ſich träge
und zur Ruhe geneigt.
Derjenige alſo, der nach dem Eſſen
nicht der Ruhe pflegen, ſondern öfters ſofort wieder an die
Arbeit gehen muß, der ſieht, daß er durch einen Schluck Brannt-
wein ſchneller ermuntert wird, als durch die Speiſe.
Der
Branntwein füllt die Pauſe bei ihm aus, die zwiſchen dem
Eſſen und der vollendeten Blutbildung der Speiſen liegt.
Will man ſich wundern, daß gerade unter den Arbeitern
der Genuß des Branntweins häufig iſt?
— Wir wundern uns
nicht darüber;
wir beklagen es nur, daß man das Volk nicht
ernſtlich und der Wahrheit gemäß belehrt, ſondern ihm von
“Teufel und Hölle” ſpricht, ſtatt es durch Kenntnis der Natur
dahin zu führen, daß es die Täuſchungen und Gefahren näher
einſehen lerne.
Die Gefahr des Branntweins liegt darin, daß ſeine guten
Eigenſchaften und ſeine vorteilhaften Einwirkungen ſich ſchnell
zeigen, während ſeine Übel erſt ſpäter kommen.
Er gleicht
einem Menſchen, deſſen Tugenden offenkundig und deſſen Laſter
verſteckt ſind und der deshalb verführeriſch und gefährlich iſt.
Will man vor ſolchem warnen, ſo darf man ſeine

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