Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 1/5, 1897

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XI. Notwendigkeit der verſchiedenartigſten Koſt.
Man halte es nicht für eine bloße Leckerei, wenn der
Menſch wähleriſch in Speiſen iſt und von der verſchieden-
artigſten Koſt ſeine Nahrung zieht.
Der menſchliche Leib iſt die verwandelte Speiſe, die er
ſelber gegeſſen hat.
Nun iſt es zwar richtig, daß man auch
von Brot und Waſſer eine Zeitlang leben kann, aber das
Weſen des Menſchen iſt ſo mannigfaltig, ſeine Eigenſchaften
ſind ſo außerordentlich vielfältig, ſein Thun und Laſſen, ſeine
Leidenſchaften und ſein Trieb, ſein Begehren und ſein Wollen,
ſein Schaffen und Denken ſind ſo unendlich an Verſchiedenheit
und ſo reich an Veränderungen, daß der Leib, der der Träger
all dieſer Verſchiedenheiten iſt, in der That auch aus dem
verſchiedenartigſten Material gebildet werden muß.
Man hat die Beobachtung gemacht, daß Tiere, die nur
eine und dieſelbe Nahrungskoſt haben, ſehr weſentlich ärmer
an Geiſt ſind als Tiere, die reichhaltigere und verſchiedenere
Speiſen zu ſich nehmen.
Ja, es iſt erwieſen, daß die Speiſe
die Natur der Tiere vollſtändig umwandelt und ſie zu andere.
Weſen macht. Mit Recht leitet der geiſtvolle Moleſchott ſein
vortreffliches Werk:
“Lehre von den Nahrungsmitteln” mit
folgenden Worten ein:
“Die Nahrung hat die wilde Katze zur
Hauskatze gemacht”, und beweiſt dadurch, wie die Nahrung die
Natur der Tiere ändert, ja ihren Leib völlig umgeſtaltet.

Wenn aber der ziviliſierte Menſch ein anderes und höheres,
geiſtiger belebtes Weſen iſt, als der Wilde, ſo hat man Ur-
ſache, dies auch dem Trieb zuzuſchreiben, der den Menſchen
lehrt, in ſeinen Speiſen nicht auf das Einfachſte herabzuſinken,
ſondern durch die mannigfachſte Koſt ſeinem Leibe die mannig-
fachſten Eigenſchaften zu verleihen.
Die Natur ſelber aber hat dem Menſchen die untrüg-
lichſten Merkmale verliehen, daß ſie es für gut hält, wenn er
verſchiedenartige Speiſen genieße.

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