Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 1/5, 1897
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4131 wenigſtens im Volke jedem bekannt, hat ja namentlich Auf-
regungen verurſacht durch das Schlagwort:
der Menſch ſtammt
vom Affen.
Wenn das einem Laien in naturwiſſenſchaftlichen Dingen
geſagt wird, ſo erſcheint ihm freilich und mit Recht dieſer aus
allem Zuſammenhange herausgeriſſene Satz unglaublich, und
— er iſt in dieſer ſchlecht populären Faſſung auch falſch.
Aber auch dann, wenn die richtige Faſſung gebraucht wird,
nämlich “der Menſch und die Affen ſind gemeinſamen Ur-
ſprungs, ſie ſind blutsverwandt”:
auch dann werden ſich viele
gegen dieſe Behauptung, die unſeren gewohnten Anſchauungen
ſo gewaltig ins Geſicht ſchlägt, aufbäumen.
Denn allem, was
wir nicht gewöhnt ſind, ſtehen wir mit Argwohn gegenüber:

wir alle haben vorgefaßte Meinungen, die uns mit guten,
wenn auch oft unbewußten Gründen durch Erziehung und
Leben eingepflanzt worden ſind.
Und ſoll man Anſichten, die
ſich im Leben bewährt haben, aufgeben?
Das iſt nun eine
Frage, die der Naturforſcher nicht zu beantworten hat:
der
Naturforſcher hat die Aufgabe, ſolange er forſcht, ausſchließlich
ſeinen Verſtand Maßſtab ſein zu laſſen und die Beantwortung
der Frage, wie verträgt ſich das Reſultat der Naturforſchung
mit dem menſchlichen Leben, denen zu überlaſſen, die dieſem
ihr Denken gewidmet haben.
Aber eins ſei hier betont: im.
letzten Ende ſteht auch das Streben nach Erkenntnis im Dienſte
beſſerer Lebens-Erhaltung des Menſchen, iſt ein Ausfluß
ſeiner Neigung, Alles zwecks beſſerer Lebenshaltung zu über-
ſehen.
Danach ſcheint es uns eine Kurzſichtigkeit anzunehmen,
daß irgend ein wiſſenſchaftliches Reſultat gefährdend wirken
könnte.
Das große allgemeine Intereſſe, das der Descendenz-
Theorie entgegengebracht wird, rechtfertigt es, im Folgenden
einige Beiſpiele zur Begründung derſelben vorzuführen.

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