Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 1/5, 1897

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Wer es indeſſen liebt, über die geheimen Kräfte der Natur
nachzuſinnen und dem Reiz nicht widerſtehen kann, der in dem
Vertiefen in dieſe Beſchäftigung liegt, der mag eines nicht un-
beachtet laſſen, das ihn Beſcheidenheit lehren wird;
und das
eine iſt die Betrachtung, mit welcher wir unſer Thema be-
gonnen haben.
Er vergeſſe nicht, daß wir die geſamte Natur nur durch
unſere fünf Sinne wahrnehmen;
daß wir von allem, was ſich
unſeren fünf Sinnen nicht verrät, nicht die leiſeſte Ahnung
haben und haben können;
daß aber die wirkliche Natur ſchwer-
lich ſo beſchränkt eingerichtet iſt, daß nichts in ihr exiſtiert,
was wir nicht wahrzunehmen imſtande ſind.
Wir Menſchen
ſind von Jugend auf gewöhnt, die ganze Welt ſo anzuſehen,
als ob ſie nur für uns exiſtierte.
Wir nennen Pflanzen,
die wir nicht eſſen oder brauchen:
Unkraut; Gegenden, wo wir
nicht leben können:
Wildnis; wir ſuchen an allen Dingen die
Seite auf, die eine Beziehung zu uns hat und vergeſſen dabei,
daß es nicht die Wahrheit der Natur, ſondern unſere Selbſt-
liebe iſt, die uns ſolch ein Aburteilen der Welt außer uns
eingiebt.
Ganz in demſelben Maße aber verfahren noch leider
die allergeſcheiteſten Menſchen mit der Erkenntnis der Natur.
Sie vergeſſen oder faſſen den Gedanken nicht, daß in der
Natur ohue Zweifel unendlich viele Erſcheinungen vorhanden
ſind, welche für uns nicht exiſtieren, weil uns die Sinne fehlen,
durch welche wir ſie in uns zur Wahrnehmung bringen können.

Sie bedenken nicht, daß wahrſcheinlich nur ein ſehr kleiner
Teil der Natur uns zur Erkenntnis kommt, und nur ſo weit
zur Erkenntnis kommt, ſoweit uns unſere fünf Sinne einen
Eindruck derſelben verſchaffen, daß alſo der allergrößte Teil
der Natur für uns ein ewig verſchloſſenes Geheimnis iſt, das
wir direkt niemals entſiegeln werden.
Die Naturwiſſenſchaft hat aber gleichwohl auf ihrem
Wege, dem Wege der ſtrengen Beobachtung, einzelnen

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