Ampère, André-Marie, Natürliches System aller Naturwissenschaften : eine Begegnung deutscher und französischer Speculation, 1844

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5339bild des durch die beiden Gegenſtände hervorgebrachten Sinneseindrucks
hat.
Man ſollte glauben, daß aus dieſer Empfindung des Baums
in Verbindung mit der eben bezeichneten Gegenwirkung, die Em-
pfindung
des Baums und zwei Nachbilder, das des Baumes
und das des Thieres, entſtehen ſollten.
Es verhält ſich jedoch anders.
Die Erfahrung zeigt, daß in dieſem Fall gewöhnlich nur zwei Vorſtellungen
Statt haben, die Wahrnehmung des Baums und das Nachbild des Thiers,
das durch den Anblick des Orts, den letzteres früher einnahm, wieder
auflebt.
Dieß kommt daher, daß die Gegenwirkung gegen den wirk-
lichen Eindruck
des Baums nicht verſchieden iſt von der wieder-
holten Gegenwirkung
, welche die Nachbilder von Baum und
Thier hervorbringen;
und weil es nur eine einzige Gegenwirkung iſt, ſo
verſchmelzen auch Nachbild und Empfindung des Baums in eine einzige
Vorſtellung.
Es iſt dieß ganz daſſelbe, wie wenn auf denſelben Punkt
der Netzhaut zu gleicher Zeit ein Eindruck fällt, der für ſich roth, und
ein anderer, der für ſich blau hervorbringen würde.
Da aber beide Ge-
genwirkungen zu gleicher Zeit auf demſelben Punkt des Drgans zuſammen-
treffen, ſo können ſie nur eine einzige Gegenwirkung erregen, aus welcher
auch nur die einfache Empfindung von Violet hervorgeht.
Dem reproducirten Nachbild des nicht vorhandenen Thiers gibt Am-
père den Namen Commemoration, und Concretion nennt
er die Vorſtellung, die man in dieſem Fall durch den Baum erhält, eine
Vorſtellung, in welcher die wirkliche Empfindung und das Nachbild einer
vergangenen Empfindung mit einander verwachſen (concrétées) ſind.
Durch den Begriff der Concretion laſſen ſich eine Menge Erſcheinungen
erklären.
Mittelſt derſelben kann man ſich z. B. Rechenſchaft über eine
Thatſache geben, auf welche Ampère durch den berühmten Laplace auf-
merkſam gemacht wurde.
Wenn man nemlich in der Dper von dem Ge-
ſange blos die Töne hört, aber die Worte nicht verſteht, und man wirft
die Augen auf den Tert, ſo verſteht man ſogleich dieſelben Worte, und
zwar mit einer ſolchen Deutlichkeit, daß man ſelbſt den Accent des Schau-
ſpielers, ob er Gasconier oder Normann u.
ſ. f. iſt, unterſcheiden kann,
während man vorher, ſo lang man nur Töne vernahm, gar keine Ahnung
von letzteren hatte;
und Ampère ſetzt hinzu, daß man ſich nicht etwa ſo
ausdrücken dürfe, man wiſſe durch den Text die geſprochenen Worte, ſon-
dern ſo, daß man ſie wirklich höre.
Dieß kommt einzig davon her,
daß mittelſt der Commemoration und in Folge der ſeit der Erlernung des
Leſens erworbenen Fertigkeiten, die gedruckten Buchſtaben in uns die
Nachbilder der Worte hervorrufen, die nun mit den gerade gehörten ver-
worrenen Tönen verwachſen (eine Concretion bilden), ſo daß wir eine
deutliche Vorſtellung der einzelnen Silben haben, und ſelbſt den Accent
der Sänger unterſcheiden können.

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