Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 12-16, 1897

Page concordance

< >
Scan Original
21 13
22 14
23 15
24 16
25 17
26 18
27 19
28 20
29 21
30 22
31 23
32 24
33 25
34 26
35 27
36 28
37 29
38 30
39 31
40 32
41 33
42 34
43 35
44 36
45 37
46 38
47 39
48 40
49 41
50 42
< >
page |< < (14) of 896 > >|
2214
Der Menſch teilt mit vielen Tieren die Neigung, ein
geſelliges Leben zu führen.
Bei den Tieren iſt dies Inſtinkt,
der keine Abweichung geſtattet.
Eine Biene, eine Ameiſe kann
nicht ein einſames Leben führen, ſie bilden Geſellſchaften und
abgeſchloſſene Kolonien, die gemeinſame Zwecke haben.
Die
Geſellſchaft der Menſchen, ja ſogar der Staat der Menſchen
hat große Ähnlichkeit damit, und man könnte den Geſelligkeits-
trieb der Menſchen hiernach dem Inſtinkt gleichſtellen.
Aber
er iſt doch nicht Inſtinkt, ſondern Neigung.
— Es giebt
Menſchen, die ſich der Neigung der Geſelligkeit entziehen und
ſich in einen durch Umſtände oder andere Neigungen hervor-
gerufenen Zuſtand der Einſamkeit für das ganze Leben verſetzen.
Wäre das geſellige Beiſammenleben der Menſchen, wäre
das Staatsleben ein Ergebnis des Inſtinkts, ſo würden die
Menſchen ebenſowenig imſtande ſein, von der Form der Ge-
ſellſchaft abzuweichen, wie die Bienen.
Gleichwohl iſt unver-
kennbar etwas in dem Menſchengeſchlecht vorhanden, das es
zur Geſelligkeit anhält, ohne dieſer ein unabänderliches Gepräge
zu geben und ohne dem Einzelnen ſeine Freiheit, ſich los-
zuſagen, zu benehmen.
Selbſt die Wilden leben unter ſehr
verſchiedenen geſellſchaftlichen Formen;
die Staaten, dieſe
größeren Geſellſchaften, ſind von einander ſehr verſchieden.
Sie entwickeln ſich, bilden ſich aus, nehmen weiteren Umfang,
andere Geſtalt, verſchiedene Grundſätze an, und erheben ſich
gerade mit der reiferen Geiſtesbildung der Menſchen zu immer
freieren Schöpfungen.
Oft beobachtet man in Völkern einen Wandertrieb, der
mit dem Wander-Inſtinkt der Tiere eine Ähnlichkeit verrät.
Ein Zug, dem die Menſchheit im ganzen nicht Widerſtand zu
leiſten vermag, treibt ſie über Meere hinweg, zu Wanderungen
nach fremden Gebieten und zur Anlage neuer Wohnſtätten,
die nicht ſelten mit Entbehrungen vieler gewohnter Zuſtände
verknüpft iſt.
Ja, wer die Menſchengeſchichte beobachtet,

Text layer

  • Dictionary

Text normalization

  • Original
  • Regularized
  • Normalized

Search


  • Exact
  • All forms
  • Fulltext index
  • Morphological index