Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 6/11, 1897

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74294 einer Energie, welche die geſamte Lebensthätigkeit im Körper auf
Momente wenigſtens zu ſteigern imſtande iſt, und ganz in
gleicher Weiſe auch die Denkkraft ſteigern kann.
Nimmt man dies an, — und es ſpricht ſehr viel dafür — ſo
läßt ſich manche unerklärliche Erſcheinung ſowohl in der leiblichen
Kraft wie in der Kraft des Denkens mit Leichtigkeit erklären.
Es iſt bekannt, wie ſehr ein Glas Wein imſtande iſt
mutig zu machen.
Nach der jetzt ſehr gründlich geführten Unter-
ſuchung über die Nährkraft der Speiſen und Getränke iſt dies
durchaus nicht erklärbar.
Ein Glas Wein hat nicht mehr
Nahrungsſtoff in ſich als etwa ein Glas Zuckerwaſſer.
Die
erheiternde, ermunternde, kräftigende Einwirkung des Weines
muß daher der Einwirkung des wenigen Alkohols zugeſchrieben
werden, der im Weine enthalten iſt.
Dieſer geht ins Blut
über, gelangt durch den Blutlauf ins Gehirn, und übt hier einen
Reiz aus, der nicht nährend wirkt, ſondern zu einer allgemeinen
Energie anſpornt.
Ein Tropfen Alkohol auf das ausgeſchnittene
Froſchherz geſchüttet, bringt auch hier ein energiſches Zu-
ſammenziehen des Herzens hervor;
im Gehirn kann es ähnlich
wirken, es verſtärkt die allgemeine Energie.
Ein Glas Wein
wird zwar dem Denker nicht Gedanken bringen, giebt dem
Wanderer nicht neue Muskelkraft, verleiht dem Soldaten nicht
neuen Mut, ſondern verſtärkt nur die Energie der ſchon vor-
handenen Gedanken, der vorhandenen Muskelkraft und des
vorhandenen Mutes.
— Auch eine gute Mahlzeit wirkt in
demſelben Sinne.
Wenn einzelne Naturforſcher meinen, daß
die Gedanken von den genoſſenen Speiſen herrühren, und hierin
ſo weit gehen, ernſtlich zu behaupten, daß man einen Menſchen
durch veränderte Koſt auf veränderte Gedanken bringen könne,
ſo kann man ihnen entgegnen, daß ſie eigentlich dem Rindfleiſch,
das wir eſſen, ein parteiiſches Kompliment machen, welches
ſie dem menſchlichen Gehirn aus ſcheinbarer Unparteilichkeit
verſagen zu müſſen glauben.

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