Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 6/11, 1897

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74496 verſtärkt und immer geſchickter macht zu weitern Fortſchritten
in ähnlichen Anſtrengungen.
Das Turnen, das ſo förderlich
für die Körperkraft der Jugend iſt, iſt in dieſem Sinne nur
eine geregelte Richtung der Energie auf die Muskeln des
Körpers, und führt bekanntlich dahin, ſpielend eine Muskel-
kraft zu entwickeln, die ſonſt nur ausnahmsweiſe bei heftiger
Erregung möglich war.
Ein Turner iſt unſeres Erachtens
keineswegs ſtärker, als er bei gleicher Körperbeſchaffenheit ohne
geturnt zu haben in heftiger Aufregung, z.
B. in Todesgefahr,
wäre.
Der Unterſchied iſt nur, daß der Turner die Anſtren-
gungen ohne heftige Spannung der Energie vollzieht und alſo
auch nicht leicht eine Abſpannung nach ſich zieht, was beim
Nichtturner der Fall iſt.
Jener hat die Energie ſeiner Nerven-
wirkung durch öftere Wiederholung, durch Übung, durch das,
was man Gewohnheit nennt, ſo am Schnürchen, daß er jeder-
zeit deſſen fähig iſt, was beim Nichtturner erſt die höchſte Auf-
regung hervorzubringen vermag.
Es geht aber mit dem Geiſte ebenſo. Wer mit heftiger
Energie über einen Gegenſtand nachdenkt, verfällt ſchnell in
Abſpannung, ja kann in Irrſinn verfallen.
Wer aber ſeinen
Geiſt an geregelte Energie gewöhnt, der läßt ſo zu ſagen ſein
Gehirn turnen;
es werden ihm die Gedanken leicht wie dem
Turner die Bewegungen, und er vermag, wenn er einmal weiter
in der Energie vorſchreitet, auf neue Gedanken zu geraten,
die dem Ungeübten faſt unmöglich ſind.
Es iſt möglich, daß die Unterſchiede in den Denkern nur
in dem größeren oder geringeren Grad der andauernden Energie
liegen und hierin nur die Verſchiedenheit zu ſuchen iſt, die
man zwiſchen Verſtand, Urteilskraft, Scharfſinn, Vernunft, Tief-
ſinn, Genie und Talent findet.
Druck von G. Bernſtein in Berlin.

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