Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 12-16, 1897

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4234 älteſten Zeiten bis auf die heutigen Tage doch ſtets dieſelben.
In ihrem Urſprung hat die Moral große Ähnlichkeit mit
dem Inſtinkt, der in Tieren waltet, welche in Gemeinſchaft leben.
Bei dieſen Tieren herrſcht eine Ordnung, welche es verhindert,
daß eins aus der Geſellſchaft das Zuſammenleben ſtört.
Der
Unterſchied zwiſchen dieſer Ordnung und der menſchlichen
Moral beſteht darin, daß jener Inſtinkt alſo Naturzwaug iſt,
dem ſich das Tier unterwerfen muß, während die Moral eine
geiſtige Neigung der Menſchen iſt, die, wie alle Neigungen
der Menſchen, eine Freiheit des Willens zuläßt.
Wie ſehr die Moral ein Naturgeſetz des Menſchengeiſtes
iſt, das ergiebt ſich aus dem Wohlgefallen, das moraliſche,
edle Handlungen auch bei denen erwecken, die ſolcher Hand-
lungen nicht fähig ſind, ja ſelbſt bei denjenigen, die ſich grund-
ſätzlich von den Geſetzen der Moral losgeſagt haben.
— Selbſt
in Dichtungen, Erzählungen und Schauſpielen erweckt der
moraliſche Held ein inniges Intereſſe, dem ſich ſogar der ver-
dorbenſte Menſch nicht entziehen kann.
Die unverdorbene
Jugend weint Thränen des Mitleids über ein Märchen, in
welchem ein Unſchuldiger leidet, und jauchzt in Freuden auf,
wenn das Ende die Tugend belohnt und das Laſter beſtraft.
— Selbſt Diebe und Räuber ſind oft nicht imſtande, ſich des
mächtigen Eindrucks zu erwehren, den ein edler Menſch auf
ſie macht.
Wo ſie unbeteiligt ſind und der menſchlichen Neigung
folgen, werden ſie unbedingt dem Guten ihren Beifall zollen
und das Schlechte verachten.
Wer eine ſchlechte Handlung
begangen hat, fühlt oft zeitig genug in ſich eine innere Ab-
neigung gegen ſein eigenes Thun;
es iſt dies, was man die
Stimme des Gewiſſens nennt.
Das Gewiſſen, die Reue, der
Wunſch, die Handlung nicht begangen zu haben, das ſind
nicht Einbildungen der Menſchen, und ſtammen nicht aus bloßer
Furcht vor Strafe oder aus dem Glauben oder dem

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