Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 12-16, 1897

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5547 und ſelbſt zu atmen vergeſſen, ſo iſt hierzu nicht nötig, die
direkte Einwirkung des Geiſtes auf den Leib anzunehmen,
ſondern wir können dies dem Umſtand zuſchreiben, daß das
Gehirn in ſolchen Momenten ſo eingenommen iſt von ſeiner
Gedankenfabrikation, daß es in ſeinem Leibesregiment eine
Pauſe machen muß.
— In gleicher Weiſe läßt ſich’s erklären,
weshalb Verliebte keinen Hunger verſpüren, weshalb auch
Traurige körperlichen Schmerz nicht empfinden, weshalb eine
heitere Stunde ein leibliches Unwohlſein vergeſſen machen kann.
Anderer Art aber iſt das, was wir jetzt darzulegen haben,
denn hier iſt eine direkte Einwirkung des Geiſtes auf den Leib
unverkennbar, wenngleich auch dies höchſt wahrſcheinlich durch
Vermittelung des Gehirns und der Nerven geſchieht.
Wir haben in dem Abſchnitt über den Hypnotismus ge-
ſehen, daß Einbildungen Menſchen krank und auch wiederum
von wirklichen Übeln geſund machen können.
Einbildungen ſind
aber unbegründete Vorſtellungen im Gehirn;
wie und in welcher
Weiſe ſolche Vorſtellungen die leibliche Gehirnthätigkeit und
die Nervenzuſtände beherrſchen und ſelbſt auf Organe einwirken
können, die dem Willen der Menſchen gar nicht unterworfen
ſind, das iſt eine Frage, die noch keineswegs ganz klar be-
antwortet werden kann.
Man kann von den Medikamenten vieler einſichtigen Ärzte
ohne Übertreibung ſagen, daß mehr als Zweidrittel derſelben
durch bloße Einbildung wirken.
Der Ausſpruch eines berühmten
Berliner Klinikers iſt bekannt, daß ein Arzt ſeine ſämtlichen
wirklichen Medikamente in der Weſtentaſche tragen könnte.
Die
Einbildung reicher Patienten geht oft ſo weit, daß ſie wirklich
nur nach einer teuern Medizin geſund werden, und ſelbſt Arme
fühlen eine Beſſerung, wenn ſie für mehrere Groſchen ein ganz
beliebiges Tränkchen aus der Apotheke erhalten, das ſie ſich
womöglich zu Hauſe für ein paar Pfennige hätten ſelbſt zu-
ſammenſtellen können.

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