Bernstein, Aaron, Naturwissenschaftliche Volksbücher, Bd. 12-16, 1897

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III. Urſprung und Sitz der Neigungen.
Bevor wir von demjenigen ſprechen wollen, was wir die
Neigungen und Abneigungen der Menſchen nennen, müſſen wir
uns den Urſprung und auch den Sitz derſelben im Menſchen
klar zu machen ſuchen.
Leider iſt man über den Urſprung der Neigungen ebenſo
im Dunkel wie über den Urſprung des Inſtinkts.
Man weiß
es nicht, wer das Huhn lehrt ein Neſt bauen, die Eier darin
ſammeln und mit der Aufopferung aller ſeiner gewohnten Be-
wegungen wochenlang darüber brütend zuzubringen.
Ebenſo-
wenig weiß es eine Mutter zu ſagen, wie ihr die tiefe Zu-
neigung zu dem Kinde von der Stunde an gekommen, in
welcher ſie deſſen Bewegungen unter ihrem Herzen geſpürt hat.
Man nennt dieſe Neigung Liebe und glaubt, es könne wohl
Einſicht, Gewöhnung, Erfahrung anderer zärtlicher Gefühle
ſolche Mutterliebe angeregt haben.
Allein, wer dem Gefühl
der mütterlichen Liebe näher nachſpürt und die Entſtehung
derſelben mit ernſtlichem Blick prüft, der wird durch wahr-
heitsgetreue Frauen das Geſtändnis vernehmen, daß, bevor ſie
jene Kindesbewegungen geſpürt, eher eine Gleichgültigkeit als
cine Vorliebe für das Kind ſie beherrſchte;
daß ſie aber von
dieſem Moment ab, wo ſie “Leben” geſpürt, von einem bis
dahin ihr ganz fremden Gefühl der Liebe erfüllt wurden.

Erſtgebärende, züchtige Frauen verheimlichen ſogar zuweilen
ihren Zuſtand ſelbſt vor dem Gatten bis zu dieſem Momente
oder meiden mindeſtens das Geſpräch und Geſtändnis hierüber.

Mit dieſem Moment aber erfüllt ſie ein niegeahnter Strom der
Liebe, den ſie unter herzlichſter Erregung dem Mann ihrer Liebe
eröffnen müſſen.
Bei näherer Betrachtung wird man dieſe Erſcheinung der
des Inſtinkts, welcher im Huhn waltet, gleich finden:

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