Einstein, Albert. 'Die Grundlagen der allgemeinen Relativitaetstheorie'. Annalen der Physik, 49 7 (1916)

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    <html>
      <body>
        <p class="indent">
          <pb/>
        </p>
        <p class="indent"/>
        <div class="center">
          <p class="noindent"/>
          <p class="noindent">
            <span class="cmbsy-10x-x-120">§ </span>
            <span class="cmbx-12">2. </span>
            <span class="cmbx-12">Über die Gr</span>
            <span class="cmbx-12">ünde, welche eine Erweiterung des Relativit</span>
            <span class="cmbx-12">äts-</span>
            <br/>
            <span class="cmbx-12">postulates nahelegen.</span>
          </p>
        </div>
        <p class="indent"> Der klassischen Mechanik und nicht minder der speziellen
          <br/>
        Relativitätstheorie haftet ein erkenntnistheoretischer Mangel
          <br/>
        an, der vielleicht zum ersten Male von E. Mach klar hervor-
          <br/>
        gehoben wurde. Wir erläutern ihn am folgenden Beispiel.
          <br/>
        Zwei flüssige Körper von gleicher Größe und Art schweben
          <br/>
        frei im Raume in so großer Entfernung voneinander (und von
          <br/>
        allen übrigen Massen), daß nur diejenigen Gravitationskräfte
          <br/>
        berücksichtigt werden müssen, welche die Teile
          <span class="cmti-12">eines</span>
        dieser
          <br/>
        Körper aufeinander ausüben. Die Entfernung der Körper
          <br/>
        voneinander sei unveränderlich. Relative Bewegungen der
          <br/>
        Teile eines der Körper gegeneinander sollen nicht auftreten.
          <br/>
        Aber jede Masse soll -- von einem relativ zu der anderen Masse
          <br/>
        ruhenden Beobachter aus beurteilt -- um die Verbindungslinie
          <br/>
        der Massen mit konstanter Winkelgeschwindigkeit rotieren (es
          <br/>
        ist dies eine konstatierbare Relativbewegung beider Massen).
          <br/>
        Nun denken wir uns die Oberflächen beider Körper (
          <span class="cmmi-12">S</span>
          <sub>
            <span class="cmr-8">1</span>
          </sub>
        und
          <span class="cmmi-12">S</span>
          <sub>
            <span class="cmr-8">2</span>
          </sub>
        )
          <br/>
        mit Hilfe (relativ ruhender) Maßstäbe ausgemessen; es ergebe
          <br/>
        sich, daß die Oberfläche von
          <span class="cmmi-12">S</span>
          <sub>
            <span class="cmr-8">1</span>
          </sub>
        eine Kugel, die von
          <span class="cmmi-12">S</span>
          <sub>
            <span class="cmr-8">2</span>
          </sub>
        ein
          <br/>
        Rotationsellipsoid </p>
        <p class="indent"> Wir fragen nun: Aus welchem Grunde verhalten sich die
          <br/>
        Körper
          <span class="cmmi-12">S</span>
          <sub>
            <span class="cmr-8">1</span>
          </sub>
        und
          <span class="cmmi-12">S</span>
          <sub>
            <span class="cmr-8">2</span>
          </sub>
        verschieden? Eine Antwort auf diese Frage
          <br/>
        kann nur dann als erkenntnistheoretisch befriedigend
          <sup>
            <span class="cmr-8">1</span>
          </sup>
        ) an-
          <br/>
        erkannt werden, wenn die als Grund angegebene Sache eine
          <br/>
          <span class="cmti-12">beobachtbare Erfahrungstatsache </span>
        ist; denn das Kausalitäts-
          <br/>
        gesetz hat nur dann den Sinn einer Aussage über die Er-
          <br/>
        fahrungswelt, wenn als Ursachen und Wirkungen letzten
          <br/>
        Endes nur
          <span class="cmti-12">beobachtbare Tatsachen</span>
        </p>
        <p class="indent"> Die Newtonsche Mechanik gibt auf diese Frage keine
          <br/>
        befriedigende Antwort. Sie sagt nämlich folgendes. Die Ge-
          <br/>
        setze der Mechanik gelten wohl für einen Raum
          <span class="cmmi-12">R</span>
          <sub>
            <span class="cmr-8">1</span>
          </sub>
        , gegen
          <br/>
        welchen der Körper
          <span class="cmmi-12">S</span>
          <sub>
            <span class="cmr-8">1</span>
          </sub>
        in Ruhe ist, nicht aber gegenüber einem
          <br/>
        Raume
          <span class="cmmi-12">R</span>
          <sub>
            <span class="cmr-8">2</span>
          </sub>
        , gegen welchen
          <span class="cmmi-12">S</span>
          <sub>
            <span class="cmr-8">2</span>
          </sub>
        in Ruhe ist. Der berechtigte
          <br/>
        Galileische Raum
          <span class="cmmi-12">R</span>
          <sub>
            <span class="cmr-8">1</span>
          </sub>
        , der hierbei eingeführt wird, ist aber
          <br/>
        eine
          <span class="cmti-12">blo</span>
          <span class="cmmi-12">
            <img src="http://foxridge.mpiwg-berlin.mpg.de/permanent/einstein/annalen/Einst_Grund_de_1916/fulltext/img/cmmi12-c.png" alt="b" class="cmmi-12x-x-c" align="middle"/>
          </span>
          <span class="cmti-12">fingierte </span>
        Ursache, keine beobachtbare Sache. Es
          <br/>
        ist also klar, daß die Newtonsche Mechanik der Forderung
          <br/>
        </p>
        <p class="indent"> 1) Eine derartige erkenntnistheoretisch befriedigende Antwort kann
          <br/>
        natürlich immer noch
          <span class="cmti-12">physikalisch </span>
        unzutreffend sein, falls sie mit anderen
          <br/>
        Erfahrungen im Widerspruch ist. </p>
      </body>
    </html>